Staatsoberhaupt: Neuer Präsident Taiwans vereidigt - Forderungen an China (2024)

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StaatsoberhauptNeuer Präsident Taiwans vereidigt - Forderungen an China

20.05.2024 - 12:25 Uhr

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      Lai hatte am 13. Januar die Wahl in Taiwan gewonnen. Nun übernimmt er offiziell die Amtsgeschäfte. Was hat er mit der demokratischen Inselrepublik vor, die im Dauerclinch mit Peking liegt?

      dpa

      20.05.2024 - 12:25 Uhr

      Taipeh - Im angespannten Verhältnis zu China hat Taiwans neuer Präsident Lai Ching-te bei seiner Amtseinführung Peking zu einem Ende der Einschüchterungsversuche aufgefordert.

      "Ich möchte auch China aufrufen, seine politische und militärische Einschüchterung gegen Taiwan einzustellen", sagte der Politiker der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) während seiner Antrittsrede vor Tausenden Anhängern in Taipeh. China solle die Verantwortung mit Taiwan teilen, in der Meerenge zwischen den beiden Ländern (Taiwanstraße) und der Region Frieden und Stabilität aufrechtzuerhalten.

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      Die Zukunft der Beziehungen in der Taiwanstraße zwischen der Volksrepublik China und Taiwan, das offiziell Republik China heißt, hätten einen entscheidenden Einfluss auf die Welt. Seine Regierung werde weder nachgeben noch provozieren und werde den Status quo beibehalten, sagte der 64-Jährige. Damit ist gemeint, dass Taiwan faktisch ein eigenständiges Land bleiben soll. Die Kommunistische Partei in Peking zählt die Insel und ihre mehr als 23 Millionen Einwohner zu ihrem Territorium, obwohl sie Taiwan bislang nie regierte und in Taipeh seit Jahrzehnten eine demokratisch gewählte Regierung sitzt.

      Wenige Stunden der Vereidigung warf China ihm und seiner neuen Regierung Provokation vor. Die Lage in der Taiwanstraße, der Meerenge zwischen den beiden Staaten, sei komplex und ernst, sagte der Sprecher des chinesischen Büros für Taiwan-Angelegenheiten, Chen Binhua. Der Grund dafür sei, dass Lais Demokratische Fortschrittspartei (DPP) "stur" an der "separatistischen Position" einer Unabhängigkeit Taiwans festhalte. Das Festland und Taiwan gehörten zu ein und demselben China. Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin, sagte, eine Unabhängigkeit und Abspaltung Taiwans zu verfolgen, sei zum Scheitern verurteilt.

      Peking antwortet mit Sanktionen

      Ein Krieg in der Taiwanstraße hätte dramatische Folgen, da die zwischen rund 130 und 180 Kilometer breite Meerenge eine wichtige Schifffahrtsroute für den Welthandel ist und taiwanische Firmen global wichtige Chip-Technologie herstellen.

      Zudem würden die USA als engster Verbündeter und Waffenlieferant Taiwans durch ihre Zusage, im Verteidigungsfall zu helfen, mit in den Konflikt gezogen werden. Parallel zum Amtsantritt Lais kündigte China Sanktionen gegen drei US-Rüstungskonzerne an. Betroffen waren die Verteidigungs-, Raumfahrt- und Sicherheitssparte von Boeing sowie die Unternehmen General Atomics Aeronautical Systems und General Dynamics Land Systems, die auf eine Liste "unzuverlässiger Unternehmen" gesetzt wurden. Damit sollen sie für Waffenlieferungen an Taiwan bestraft werden.

      Weil die DPP für eine Unabhängigkeit Taiwans steht, sieht Peking in Lai und der Partei Separatisten. Immer wieder demonstriert die Volksbefreiungsarmee in der Taiwanstraße ihre militärische Stärke. Peking drohte zudem mit militärischen Mitteln, sollte es Taiwan nicht mit friedlichen Mitteln mit dem Festland vereinen können. "Ich hoffe, dass China die Realität der Existenz Taiwans einsieht und die Wahl der Menschen Taiwans respektiert", sagte Lai. Gleichzeitig bot er Peking an, dass sich beide Länder etwa über die Wiederaufnahme des Tourismus wieder miteinander austauschen könnten.

      Lai ruft zu entschlossener Verteidigung Taiwans auf

      Solange China jedoch nicht davon absehe, Gewalt gegen Taiwan einzusetzen, werde der Wille Pekings, Taiwan zu annektieren, nicht einfach verschwinden, sagte er. Schon jetzt fliegen beinahe täglich chinesische Kampfflugzeuge in Richtung Taiwan und dringen dort in die Luftverteidigungszone ein, worauf Taiwans Militär stets reagiert und etwas selbst Flugzeuge in die Luft schickt. "Angesicht des vielen Bedrohungen und Infiltrierungsversuchen Chinas, müssen wir unseren Entschluss zeigen, unser Land zu verteidigen", sagte Lai.

      Shen Po-yang, Mitglied des Verteidigungsausschusses in Taiwans Parlament, schätzt, dass China bis 2027 bereit für eine Invasion sei. Den besten Zeitpunkt für eine Attacke sieht der in Taiwan auch als Puma Shen bekannte DPP-Politiker dann, wenn 40 bis 50 Prozent der Bevölkerung bei einem Angriff für eine Kapitulation stimmen würden.

      "Sie könnten einfach die erste Rakete zünden, und wenn die Menschen sagen, sie wollen sich ergeben und einen Friedensvertrag unterzeichnen, dann wäre dies das Ende des Krieges binnen einer Woche." Shen fordert deshalb mehr Cybersicherheit und eine Regulierung von sozialen Medien wie der Kurzvideoplattform Tiktok des chinesischen Bytedance-Konzerns, damit sich Pekings Propaganda nicht in Taiwan breit machen kann.

      Innenpolitische Lage für Regierung schwierig

      Lai hatte mit seiner Stellvertreterin Hsiao Bi-khim am 13. Januar die Präsidentschaftswahl mit rund 40 Prozent der Stimmen für sich entschieden. Zur Vereidigung des Präsidenten und der Regierung schickten die USA und Japan Delegationen. Auch aus Deutschland reiste eine Parlamentariergruppe der CDU, SPD und FDP an. Nur ein Dutzend Länder erkennen den Inselstaat offiziell an, darunter sind etwa der Vatikan, Paraguay und Haiti. Deutschland, Japan und die USA gehören nicht dazu, da sonst eine diplomatische Krise mit China bevorstehen würde.

      Vor dem Präsidentensitz führten Gruppen Tänze auf, Bands spielten und die Armee feuerte Salutschüsse ab. Die DPP stellt das dritte Mal in Folge das Staatsoberhaupt, das gleichzeitig Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist. Die bisherige Präsidentin Tsai Ing-wen durfte nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. Im Parlament büßte die DPP allerdings ihre absolute Mehrheit ein und ist nun auf Allianzen angewiesen.

      Größte Oppositionspartei ist die pekingfreundliche Kuomintang, die am Freitag in einer turbulenten Parlamentssitzung mit DPP-Politikern im Streit um mehrere Gesetzentwürfe aneinandergeraten war. Es kam zu Rangeleien zwischen den Parlamentariern, ungefähr eine Handvoll wurde anschließend im Krankenhaus auf Verletzungen untersucht. Für die neue Regierung dürfte es im Parlament angesichts der politischen Verhältnisse deutlich mehr Hürden zu überwinden geben.

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      FAQs

      Hat China Recht auf Taiwan? ›

      Die Volksrepublik China ist, bestätigt durch die Resolution 2758 der UN-Generalversammlung, ihrerseits rechtmäßiger Nachfolgestaat der Republik China und hat somit mit der Souveränität über Festlandchina auch die rechtmäßige Souveränität über Taiwan übernommen.

      Warum ist China so an Taiwan interessiert? ›

      Die Volksrepublik China erhebt Anspruch auf die demokratische Inselrepublik Taiwan, weil sie eine besondere Bedeutung für die Kommunistische Partei hat. Die Staatsführung betrachtet den Anschluss Taiwans, den sie als „Wiedervereinigung“ tituliert, als Teil des „Chinesischen Traums“.

      Wem gehörte Taiwan vor China? ›

      Nach dem Ende des Pazifikkrieges 1945 kapitulierte Japan auf Generalbefehl Nr. 1 des Oberkommandierenden der Alliierten Mächte, Douglas MacArthur, vor dem Generalissimus Chiang Kai-shek. Dabei wurde die Insel Taiwan (damals: Formosa) nach fünfzig Jahren japanischer Kolonialherrschaft an die Republik China übergeben.

      Wer ist Präsident in Taiwan? ›

      Wer erkennt Taiwan als Land an? ›

      Im Januar 2024 unterhalten nur elf Staaten und der Heilige Stuhl offizielle diplomatische Beziehungen zu Taiwan:
      • Belize (1989)
      • Eswatini (1968)
      • Guatemala (1960)
      • Haiti (1956)
      • Marshallinseln (1998)
      • Palau (1999)
      • Paraguay (1957)
      • St. Kitts und Nevis (1983)

      Kann man in China einreisen wenn man in Taiwan war? ›

      Reisende nach und von Taiwan mit Transitaufenthalten in der Volksrepublik China werden gebeten, sich wegen der Visumerfordernisse an eine Vertretung der Volksrepublik China zu wenden, siehe auch Reise- und Sicherheitshinweise China.

      Was sagt Deutschland zu Taiwan? ›

      Deutschland unterhält keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan. Taiwan und Deutschland sind jedoch wichtige Wertepartner, die durch enge und substantielle wirtschaftliche, kulturelle und wissenschaftliche Beziehungen verbunden sind.

      Ist Taiwan von den USA anerkannt? ›

      Die Vereinigten Staaten erkennen Taiwan diplomatisch nicht an und bekennen sich seit 1979 zur Ein-China-Politik. Dennoch gibt es zwischen beiden besonders im wirtschaftlichen Bereich und bei der Sicherheitspolitik enge Kontakte.

      Wie heißt China früher? ›

      stand der Name Hsia für die Anfänge der chinesischen Kultur und Zivilisation; von ihm wurde später der Begriff “Land der vielen Hsia-Staaten” (Chu-hsia) abgeleitet, mit dem die Territorialstaaten der Chou-Dynastie bezeichnet waren.

      Wie reich ist Taiwan? ›

      Top-100-Länder nach gesamtem Vermögen (2022)
      RangLandVermögen in Mrd. US$ (2022)
      Welt454.385
      13Taiwan5.422
      14Niederlande4.869
      15Mexiko4.863
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      Ist Taiwan eine Demokratie? ›

      Seit Beendigung des Ausnahmezustands 1987 hat Taiwan einen eindrucksvollen Weg zurückgelegt und sich zu einer lebhaften Demokratie entwickelt, in der die Bevölkerung in vollem Umfang die Möglichkeit zu politischer Partizipation hat, sowie Menschenrechte und Meinungsfreiheit geachtet werden.

      War Taiwan eine englische Kolonie? ›

      Taiwan als japanische Kolonie (1885 – 1945)

      Zuvor hatte Taiwan 50 Jahre lang unter japanischer Kolonialherrschaft gestanden.

      Was sprechen die Leute aus Taiwan? ›

      Die Amtssprache in Taiwan ist Chinesisch (Mandarin). Daneben werden verschiedene Dialekte wie z.B. Taiwanesisch oder Hakka gesprochen. Viele Leute sprechen etwas Englisch.

      Wie viele Parteien gibt es in Taiwan? ›

      Politische Parteien. In Taiwan besteht seit der Demokratisierung des Landes ab dem Beginn der 1990er Jahre praktisch ein Zweiparteiensystem. Der liberal orientierten Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) steht die konservativ-wirtschaftsliberale Kuomintang (KMT) gegenüber.

      War Taiwan un Mitglied? ›

      Allerdings ist Taiwan seitdem bis heute nicht mehr in der UNO vertreten. Einer neuerlichen Mitgliedschaft werden aufgrund des zu erwartenden Vetos der Volksrepublik wenig Chancen eingeräumt.

      Welches Recht gilt in China? ›

      Seit dem 1. Oktober 1999 ist in China das Vertragsgesetz gültig. Im Vertragsgesetz sind wichtige Bestandteile des Schuldrechts wie ungerechtfertigte Bereicherung und unerlaubte Handlungen nicht geregelt. In einigen Bereichen geben die Bestimmungen nur einen Rahmen vor, detaillierte Ausführungsbestimmungen fehlen noch.

      Ist Taiwan in den Vereinten Nationen? ›

      Dabei handelte es sich argumentativ nicht um einen satzungsgemäßen Ausschluss Taiwans (Republik China), der nur bei einer „beharrlichen Verletzung der Grundsätze der UN-Charta“ vorgesehen ist, sondern nur um einen Austausch der Volksvertretung. Allerdings ist Taiwan seitdem bis heute nicht mehr in der UNO vertreten.

      Hat man in China Meinungsfreiheit? ›

      Meinungs-, Presse-, Versammlungs- und Kommunikationsfreiheit. Obwohl die Verfassung von 1982 Redefreiheit garantiert, verwendet die chinesische Regierung häufig das Argument der Staatsgefährdung, um Regimekritiker zu verhaften.

      Wann wird China Taiwan angreifen? ›

      Wann greift China Taiwan an? Gunter Schubert ist Professor für "Greater China Studies" an der Uni Tübingen und Taiwan-Experte. Eine Frage, die ihm in der letzten Zeit immer wieder gestellt wird, zielt auf den Konflikt zwischen Taiwan und China - seit etwa 2022 verschärfen sich die Spannungen.

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      Author: Fr. Dewey Fisher

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